Die Evangelische Brüder-Unität – auch Herrnhuter Brüdergemeine genannt - ist eine evangelische Kirche. Sie ist der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) angegliedert und zugleich Gastmitglied in der Vereinigung Evangelischer Freikirchen (VEF). Damit hat sie eine Zwischenstellung zwischen Landeskirchen und Freikirchen. Sie erhält keine Kirchensteuer, sondern sie lebt von den Beiträgen ihrer Mitglieder sowie von den Spenden ihrer Freunde. Bis heute gehören viele der Mitglieder der Brüdergemeine zugleich auch der evangelischen Kirche an.
Die Brüder-Unität ist weltweit in über 35 Ländern auf 5 Kontinenten vertreten. In Europa gibt es drei Provinzen – Großbritannien, Tschechien und Kontinentaleuropa (Deutschland, Niederlande, Schweiz, Dänemark, Schweden, Estland, Lettland und Albanien) – mit zusammen etwa 23.700 Mitgliedern.
Auch wenn Sie die Brüdergemeine bisher nicht kannten, haben Sie vielleicht schon von den Losungen oder von den Herrnhuter Sternen gehört. Beides hat seinen Ursprung in dieser Kirche.
Die Brüder-Unität entstand Mitte des 15. Jahrhunderts aus der böhmischen Reformation heraus. Die böhmischen Brüder mussten vor der Gegenreformation über die Grenze nach Sachsen fliehen. Auf dem Gutshof des Nikolaus Ludwig Graf von Zinzendorf fanden sie Zuflucht. In ihrer Gemeinschaft lebte das Erbe von Jan Hus, dem böhmischen Reformator vor der Reformation weiter, verbunden mit calvinistischen Einflüssen und einer intensiven, pietistischen Herzensfrömmigkeit. »Noch heute weht in den Brüdergemeinen der Geist des Urchristentums« schreibt Johann Hinrichs Claussens in seinem lesenswerten Buch »Gotteshäuser oder die Kunst, Kirchen zu bauen und zu verstehen« (Verlag Beck München 2010).
Die Brüdergemeine hat verschiedene Namen: Brüder-Unität leitet sich vom lateinischen »Unitas Fratrum« ab, dem Namen der Böhmischen Brüder im 15. bis 18. Jahrhundert, und dem heute gebräuchlichen weltweiten Namen unserer Kirche. Herrnhuter Brüdergemeine weist auf Herrnhut in Sachsen hin, den Ort der Neugründung im 18. Jahrhundert. Der damaligen Sprache ist das fehlende d geschuldet; man sprach von der »Gemeine«. Erst später setzte sich der Begriff »Gemeinde« durch. Im Eigennamen der Brüdergemeine fehlt das d bis heute.
Weitere Informationen finden Sie auf den Internetseiten der Brüderunität in Deutschland www.herrnhuter.de oder auf evangelisch.de.
Der Betsaal der Herrnhuter Brüdergemeinen ist kein Gotteshaus, kein Sakralbau, der aus sich selbst heraus heilig ist. Er ist ein Versammlungsort für die Gemeinde: für die gottesdienstliche Versammlung am Sonntag, aber auch für profane Versammlungen der Gemeinde.
Der erste Betsaal dieser Art wurde im Jahr 1726 in Herrnhut eingeweiht, drei Monate vor dem berühmtesten evangelischen Kirchenbau des Barocks: der Dresdner Frauenkirche. Heute sind die Betsäle der Gemeinen überall in dieser Weise gebaut.
Es ist ein einfacher, rechteckiger Raum ganz weiß und darum sehr hell, ohne jeden Schmuck. Es gibt keine Bilder, keinen Altar, keine Kanzel und kein Kreuz. In der Mitte der Längsseite steht der Liturgustisch, an dem der Prediger sitzt, die Bibel auslegt und den Gottesdienst anleitet. Die Gemeinde sitzt auf einfachen weißen Holzbänken. Früher saßen die Frauen rechts, die Männer links. Der Saal hat zwei Emporen, ebenfalls ganz in weiß gehalten. Auf der einen Empore befindet sich die Orgel.
Der Betsaal wirkt sehr schlicht und zweckmäßig und daher manchmal auf Menschen, die reich gestaltete Gotteshäuser gewöhnt sind, überraschend einfach und auf den ersten Blick vielleicht nicht so einladend. Der Wert ergibt sich auf den zweiten Blick: hier ist alles auf Sehen, Hören und Beten ausgerichtet. Nichts Gegenständliches stört die persönliche Andacht. In der Schlichtheit liegt die ästhetische Erfahrung. So kann alle Aufmerksamkeit von außen nach innen gewendet werden.
Die Grundsteinlegung des Kirchsaales in Neudietendorf erfolgte am 6. April 1779. Nach für damalige Zeit unglaublich kurzer Bauphase konnte am 2. Dezember 1780 die Einweihung gefeiert werden. Heute befindet sich als Zugeständnis an die landeskirchlichen Gottesdienste der evangelisch-lutherischen Kirche, die hier ebenfalls stattfinden, ein schlichtes weißes Holzkreuz über dem Liturgustisch.
Der Friedhof, der auch Gottesacker genannt wird, fällt durch seine besondere Schlichtheit auf. Die gleichförmigen, liegenden Grabsteine enthalten als Inschrift nur den Namen des Toten, sein Geburts- und Sterbedatum und einen Vers. Der Friedhof hat eine Brüder- und eine Schwesterseite, Ehe- und Familiengräber gibt es nicht. Die Gräber werden nicht individuell bepflanzt. Der Friedhof ist von Hecken gesäumt und mit Bäumen bestanden. Der Gottesacker zählt zu den liturgischen Räumen der Gemeinde. So wird hier am Ostersonntag bei Sonnenaufgang die Osterliturgie gefeiert.
Das erste und älteste Grab auf dem Gottesacker in Neudietendorf stammt aus dem Jahre 1743. Noch heute werden die Schwestern und Brüder der Gemeine hier begraben.
Im Frühjahr verwandelt sich der Gottesacker in ein Meer aus Frühjahrsblüten: Blausternchen, Buschwindröschen und der Hohle Lerchensporn blühen zwischen den Gräbern. Im Sommer spenden die großen, alten Bäume Schatten und lassen die Atmosphäre eines Buchenhallenwaldes mitten im Ort entstehen. Mit etwas Glück sieht man im Juni Glühwürmchen leuchtend durch die laue Sommernacht schweben.
Einige Fotos finden sich auf der Seite »Friedhof-Ansichten«
Es gibt eine Wissenschaftliche Veröffentlichung zu den Lebensläufen der Gemeindeglieder auf dem Gottesacker in Neudietendorf »Gottesacker-Geschichten« von Stephanie Böß (hier ein Auszug).